Man kann sich noch so oft vornehmen, einfach mal eine der jährlich erscheinenden Elvis-Costello-Platten auszulassen, wenn sie dann da ist, ist sie da und meistens ist sie so interessant, dass kein Weg durch den Plattenladen an ihr vorbei führt. Seine Flamme brennt eben lichterloh, wie er es auf seiner erst vor drei Monaten herausgegebenen und ebenfalls sehr schönen Live-CD "My Flame Burns" mitteilte. Jetzt brennt seine Flamme für New Orleans, diese vom Hurrikane verwüstete Stadt am Mississippi, verwunschener Ort für jeden Musikfreund. Der englische Elvis hatte sich bereits für die Aufnahmen zu seiner vorvorherigen Platte im tiefen Süden der USA herumgetrieben und war dabei dem Fluss der Flüsse in seinem Lauf gefolgt. Dann kam die Flut. Mit dem Album "The River in Reverse" erweist Elvis Costello dem Fluss und der Stadt an seinem Ufer seinen Respekt. Das mag jetzt etwas weihevoll klingen, aber nur, solange man diese Musik nicht gehört hat. Denn man spürt es hier von der ersten bis zur letzten Minute: Elvis Costello feiert gemeinsam mit dem Arrangeur und Komponisten Allen Toussaint eine Weihe für New Orleans. Nicht immer war Costello bei der Wahl seiner Mitmusiker und Kollaborateure so stilsicher wie diesmal. Er hat ja auch Murks gemacht. "The River in Reverse" allerdings ist eines seiner besten Alben überhaupt. Es ist kraftvoll, soulig, konzentriert, ergreifend. Die Kooperation mit Allen Toussaint ergab sich bei einem Benefizkonzert für die Opfer des Wirbelsturms "Katrina", für das sie gemeinsam einen Song einstudiert hatten. Toussaint selbst ist ein solches Opfer, sein Wohnhaus wurde bei der Katastrophe überschwemmt, sein Studio zerstört, seine Instrumente gingen verloren. Zeit seines Lebens ist Allen Toussaint eine Art musikalischer Mentor seiner Stadt. Er ist nicht der einzige, aber der einzige seiner Art, dem Blues genauso verhaftet wie dem Jazz, Soul oder eben auch dem Pop. Seine Bläserarrangements werden mit Goldstaub aufgewogen. Allain Toussaint hat Produktionen von The Band veredelt, er hat mit Little Feat gearbeitet, mit Lee Dorsey, Patti Labelle und Paul McCartney. Seit Allen Toussaint in den achtziger Jahren schon einmal für Elvis Costello gearbeitet hatte, behielten sie sich im Auge. Es musste ein Sturm kommen, ehe es erneut mit ihnen klappte. Eigentlich hatte der äußerst fähige Soul-Produzent Joe Henry (Solomon Burke) ein Solo-Album mit alten Toussaint-Nummern aufnehmen wollen, ein Revival, wie man es jetzt gerne hat. Dann kam Elvis Costello dazwischen. Sie fuhren in die verwundete Stadt und nahmen in wenigen Tagen in einem muffigen Studio die Songs ihrer Sehnsucht auf.
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