Hamburg.
Einmal am großen Rad drehen, wer träumt nicht davon? Andrea, Ella, Christian, Yolanda und noch ein paar weitere Fans von Elvis Costello bekommen diese Chance – wenn auch nur auf der Bühne des CCH innerhalb der Vaudeville-Show des britischen Sängers und Gitarristen. Von der langbeinigen Assistentin Katarina auf die Bühne geführt, müssen sie das kunterbunte Riesenrad, das "spinning wheel", drehen und haben es in der Hand, welchen Song Costello und seine Imposters als nächstes spielen. Auf 40 Feldern stehen Songs aus Costellos Repertoire, ein paar Jackpot-Felder gibt es auch. Andrea, erste Kandidatin, dreht gleich auf den Jackpot "Time" und die vierköpfige Band spielt daraufhin gleich drei Nummern zum Thema Zeit: "Strict Time", "Man Out Of Time" und "Out Of Time" von den Rolling Stones.
Costello ist nicht nur Sänger, sondern auch Zeremonienmeister in dieser knallbunten Show. Er wieselt zwischen Glücksrad, Tanzkäfig und seinem Mikro hin und her, steigt in den Saal hinunter, um selbst Kandidaten zu casten, interviewt sie und wechselt schnell zwischen akustischer und elektrischer Gitarre, je nachdem, auf welchem Song das magische Rad stehen bleibt. Dieses Faible für diese selbstironische Form von Entertainment hat er von seinem Großvater und seinem Vater geerbt, die beide Musiker in Unterhaltungsorchestern waren.
Der 57-Jährige zeigt sich als erstklassiger Unterhalter, aber sein politisches Engagement und sein Zorn über viele Ungerechtigkeiten in der Welt bleibt dennoch nicht in der Künstlergarderobe zurück. Natürlich hat er "Shipbuilding" im Programm, jenes verhangen-melancholische Antikriegslied, das er vor zwanzig Jahren während des Falkland-Krieges geschrieben hat, und auch "National Ransom", seine wütende Abrechnung mit gierigen Brokern, gehört zu den 31 Songs, die er in 165 pausenlosen Minuten spielt.
Costello: "Wir nehmen uns selbst auf die Schippe"
Das Publikum im nur halbvollen großen Saal des CCH ist völlig aus dem Häuschen, springt immer wieder auf, um Costello stehend zu applaudieren, und als das Glücksrad auf dem Joker stehen bleibt, fordert es vor allem "I Want You". Als letzten Song in einer allerletzten Zugabe spielt er dieses leidenschaftliche Liebeslied. Als das Auditorium kurz vor 23 Uhr den Ausgängen entgegenströmt, sieht man ausnahmslos glückliche Gesichter und hört immer wieder denselben Kommentar: "Konzert des Jahres!"
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