"Man kann ja nicht immer das Gleiche machen, man trägt ja auch nicht immer die gleichen Klamotten." (Elvis Costello)
Jeder Plattensammler kommt in die unangenehme Situation, ein Sammelgebiet schließen zu müssen. Sei es aus Platzgründen — was seltener passiert, lieber dübelt man noch drei Quadratmeter Regalfläche ein — sei es inhaltlich bedingt. Man macht sich die Entscheidung nicht leicht, denn sie ist bitter. Sammelobjekte sind auch Menschen, aber wie das mit Menschen so ist, erschöpfen sie sich. Hat es denn zum Beispiel Sinn, nach wie vor jede Veröffentlichung von Leonard Cohen zu archivieren, dessen Album "Dear Heather" am Montag erscheint? Schwieriger Fall, leichte Antwort. Es lässt sich mit an absolute Sicherheit grenzender Höchstwahrscheinlichkeit vorhersagen, dass Leonard Cohen auch diese Platte wieder mit seinen sinistren Versen besprochen haben wird, wie er das auf ein und dieselbe Weise schon seit Äonen tut. Aber — es ist Leonard Cohen, und der könnte auch einen Leitantrag der CDU rezitieren, dass einem das Herz aufginge. Zudem ist Cohen, 70, wohl gerade dabei, sein Werk abzurunden. Falls das nicht schon der Schlussstein sein sollte. Er hat seinen Stammplatz sicher.
Ganz anders sieht das nun mit Tom Waits aus. Er war die ganzen letzten Jahre ein Wackelkandidat. Eigentlich würde es genügen, zirka zwei Tom-Waits-Platten zu sammeln. Closing Time und Swordfishtrombones, eine ist von 1973, die andere von 1983. Auf der einen singt er seine versoffenen Klaviersongs, auf der anderen röchelt er seine versoffenen Gitarrensongs. Aus erklärlichen Gründen haben sich dann allerdings zwei Dutzend Platten von und mit Tom Waits angestaut. Es war stets tröstlich, seine untröstlichen Lieder zu hören. Einmal gab es diesen nicht sehr tollen Film One from the heart, in dem Nastassja Kinski toll aussah, schon hatte man den Soundtrack von Tom Waits im Schrank, und ehrlich gesagt ist er in diesem Schrank auch geblieben. Aber nun ist Schluss. Schön, wenn einem ein Künstler die Trennung so leicht macht. Tom Waits verabschiedet sich mit dem unfassbaren Album Real Gone aus der Sammlung.
Elvis Costello ist einer, der sich seine Position immer wieder neu erspielt. Bei ihm kann man nur sicher sein, dass man bei ihm nie sicher sein kann. Er ist fünfzig Jahre alt und hat hundert Jahre Pop auf dem Buckel. Für seine LP The Delivery Man ist der Engländer tief in den amerikanischen Süden gereist. Dort hat er nicht nur die raueste Platte seiner Zeit aufgenommen, sondern auch die zarteste. Costello ist natürlich raffiniert, seine Duette mit Emmylou Harris garantieren ihm gleich zwei Plätze in der Plattensammlung; einen für sich und einen für sie.
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